Es gab Zeiten, da war man stolz, tausende „Facebook-Freunde“ zu haben; viele davon hatte man nie gesehen – doch der Begriff „Freund“ taugt für viel. Manche wenden ihn im Alltagsleben inflationär an: ein zufälliger Plausch in vertrauter Situation, eine neu entdeckte Sympathie für eine Kollegin, und schon gilt diese Einstufung.
Aber: Freundschaft ist mehr als nur ein Gefühl oder Social-media-Kontakt; richtig gelebt ist sie ein tragendes Fundament des Lebens. Sie gibt Halt, macht Freude vollkommen und zeigt sich besonders in schweren Zeiten.
Die Heilige Schrift zeigt uns eindrucksvolle Beispiele echter Freundschaft. David und Jonathan (1 Sam 18-20) verband tiefe Loyalität. Und auch Ruth und Noomi (Ruth 1,16-17) beweisen: Wahre Verbundenheit geht über Verpflichtungen oder Generationen hinaus.
Jesus selbst setzt noch einen neuen Akzent: „Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde“ (Joh 15,13). Damit betont er: Freundschaft bedeutet Hingabe und Vertrauen – ein Prinzip, das sich auch bei Adolph Kolping zentral zeigt.
„Die Treue und Freundschaft der Guten ist ein großer Segen“: Unser Gründervater verstand Freundschaft nicht nur als persönliche Bindung. Sondern als Basis einer gerechten Gesellschaft. Seine Gesellenvereine waren mehr als Unterkünfte – sie waren Orte echter Gemeinschaft. Für Kolping war Freundschaft keine bloße Bekanntschaft, sondern umfasste die Verbindlichkeit, füreinander da zu sein. Diese Überzeugung trieb ihn an, jungen Handwerkern nicht nur Wissen, sondern auch menschliche Wärme zu schenken. Nicht zufällig hat sich unter den Mitgliedern unseres Verbandes die Bezeichnung „Kolpingschwester/-bruder“ eingebürgert.
Die Bibel zeigt, dass Freundschaft auf Treue, Ehrlichkeit und Nächstenliebe basiert. Adolph Kolping setzte dieses Ideal in gelebte Wirklichkeit um und schuf Gemeinschaften, in denen Menschen bis heute einander stärken.
Gerald Gump, Bundespräses Kolping Österreich und Pfarrer in Wien |